Petra Lange’s stones are what they are

Petra Lange is a stone carver. In her work, she focuses on the hardest matter: volcanic and prehistoric rock, on magma that has become the earth’s crust. All this does not exclude, however, that at times she enjoys working in soft stone, which is only in the process of its formation, like clay slate. Ceramic is also not unknown terrain to her. But also marble, the sculptor’s stone among stones, plays an important role in her work. Still, her love is dedicated to granite, diabase, labrador, and basalt, to name only four. And this love is anything but arbitrary: this love has to do with the seriousness of the real game called art. You might as well call it love of truth. And thus we’d rather say: Petra Lange is a stone shaper. The concepts of picture, ideal, copy, image – or even more pathetic – re-creation are not part of her artistic vocabulary, neither are current affairs of our trying times, nor fancy names or trendy titles. As such, you could describe her work as something without a direct link to reality, at times nonfigurative, in short: abstract. I argue this point: no category, no estimation could be less correct.
Whoever claims that her preference for hard, dense plutonic rock was not arbitrary at all, needs to give a content-related explanation for that – that’s what logic demands. Otherwise, this claim would be nothing but a mere assumption and absolutely inappropriate to understand a sculpture as such. Even more so: to encounter a sculpture as a personified experience. Instead of an outstanding aesthetic attitude, a mere idea of form. This is the difference. The artistic process of shaping a stone, or only the attempt of doing so, is a concretization of a substantial inner view, no matter if the object became tense or relaxed, aggressive or emotionally comforting.
This becomes only comprehensible, as we understand that our thoughts have no less impact on the course of the world than our deeds. If, however, our intellectually perceived realities have attained shape in artistically formed stones, visible and tangible, then these sculptures are no longer abstract or arbitrary or re-producible.

And this is the foundation for the hard, durable, dark-hued stones Petra Lange chooses – most often directly from the quarries – with a sharp, critical eye. Those heavy stones have to make it easy to master the hiatus between two worlds – the intellectual and the material one. What has solidified unspeakably long ago emerges with an inner form of dynamics as a sculpture. Petra Lange gives the stone a reincarnation of life that is not inherent to it, such as joy, grace, memory, moon, desire, angel, fear, growth, melancholy, ball, love. Writing this down, it appears a labyrinthine sequence of random words. We read them abstractly as ideas or as concepts borrowed from a material world. For Petra Lange, such ideas are, word by word, tangible spiritual experiences; every single one connects in its own way to the great concepts of returning, revisiting infinite, expanded loops of time, ruled by the hierarchy of angels. (Who can be bigoted enough to deny their existence, for the simple reason that we haven’t seen them with our own eyes?) Seen in such a light – and insofar I rely on my own judgment – the carved stone is the result of a spiritual experience, a shape that has evolved from harsh treatment. The sculpture is the strictly cut body or at least one of the potential shapes. As nothing of it is meant or designed in a symbolic, not even in a symbolizing way, we need to investigate it thoroughly and accurately.
The metamorphosis of a stone that was collected consciously and with intention is not open for quick understanding; there is nothing of a beautiful impression, nothing tempts to disrupt the observation with immediate interpretation. Petra Lange’s stones – and they deserve this simplification as an absolute eulogy – Petra Lange’s stones are what they are. They are her – and that means her very personal – messengers from a world that is still ours – although this is often denied. Petra Lange’s works of stone are incorporations of places that are always open to us, as well – even if they are sometimes difficult to access. Messengers from the celestial world.
Does this sound all too serious? Too distant, too pathetic? But no – we know that angels create a lot of unholy nonsense from time to time. And do we not enjoy the real pleasures of inaccurate accuracies? Didn’t the moon pass, as we say, through our room tonight? Did Ladon, who was supposed to guard the Hesperides’ golden apples, really have exactly one hundred eyes? We, longing to perceive the works of our sculptures in a both unbiased and critical manner, should also wish to have as many open eyes. For Petra Lange’s stones one needs at least three.
Dr. Ulrich Conrads
Architect and Art critic
28.11.2002

Petra Langes Steine sind was sie sind

Petra Lange ist Steinbildhauerin. Sie, macht sich hauptsächlich mit den härtesten, den Eruptiv-, den Ur-Gesteinen, mit den zur Erdrinde erstarrten Schmelzflüssen zu schaffen. Das schließt nicht aus, dass sie gelegentlich – und dann sehr genüsslich – auch mal mit weichem, erst werdendem Gestein, mit Tonschiefer etwa, arbeitet. Schon mit einem Seitenblick zur Keramik. Auch Marmor, der Bildhauerstein unter den Steinen, kommt natürlich mal vor. Ihre Liebe aber haben Granit, Diabas, Labrador, Basalt, um nur diese vier Namen zu nennen.
Diese Liebe ist indessen alles andere als beliebig. Diese Liebe hat mit dem Ernst des wahren Spiels zu tun, das wir Kunst nennen. Man kann sie Wahrheitsliebe nennen. Und so sagen wir besser: Petra Lange ist Steinhauerin. Die Begriffe Bild, Vorbild, Nachbild, Abbild oder auch pathetischer – Nachschöpfung kommen in Ihrem künstlerischen Vokabular nicht vor. So wenig wie das aktuelle Geschehen in unseren rabiaten Zeitläufen; und schon gar nicht modische Benennung und Trendtitelei. Also sind Ihre Werke, wird man sagen, ohne unmittelbaren Bezug zur Realität, mithin ungegenständlich, mit einem Wort: abstrakt. Ich halte dagegen: Keine Zuordnung, keine Einschätzung könnte falscher sein!
Wenn man behauptet, ihre Bevorzugung der harten, der dichten, der Tiefen-Gesteine sei alles andere als beliebig, so muss das – die Logik gebietet es – inhaltlich begründet sein. Anders wäre die Behauptung nur eine bloße Vermutung und gänzlich untauglich, eine Skulptur als solche zu verstehen. Mehr noch: einer Skulptur als einer leibhaftigen Erfahrung zu begegnen. Statt einer abgehobenen ästhetischen Attitüde, einer bloßen Formidee. Das macht den Unterschied.
Die künstlerische Formung eines Steins, oder auch nur der Versuch dazu, ist für Petra Lange die Konkretisierung einer wesenhaften inneren Anschauung, mag deren Gegenstand nun aufgeregt oder gelassen, aggressiv oder die Affekte beschwichtigend daherkommen. Das wird erst recht verständlich, wenn man begreift, dass unser Denken um nichts weniger einwirkt auf den Gang der Welt, als es unsere Taten tun.
Wenn aber in den künstlerisch geformten Steinen geistig erfahrene Wirklichkeiten Gestalt gewonnen haben, sichtbar und berührbar, dann sind solche Skulpturen alles andere als abstrakt und beliebig und re-produzierbar. Und darum auch die harten, die beständigen, die immer etwas dunklen Steine, die Petra Lange – oft schon an den Fundorten, in den Steinbrüchen – kritischen Auges wählt.. Sie, die schweren Steine, müssen es leicht machen, den Hiatus zwischen zwei Welten, der geistigen und der stofflichen meistern. Das vor unnennbar langen Zeiten Erstarrte kommt als Skulptur zu einer inneren Form von Bewegung. Petra Lange schenkt dem Stein eine ihm fremde Wiederkehr von Leben. Als da sind Freude, Anmut, Erinnerung, Mond, Sehnsucht, Engel, Angst, Wachstum, Wehmut, Kugel, Liebe. Schreibt man das hin, nimmt es sich aus wie eine Labyrinthische Folge beliebiger Wörter. Wir lesen sie als abstrakte Begriffe oder als der Dingwelt entlehnte Bezeichnungen. Für Petra Lange aber sind solche Begriffe, Wort für Wort, ganz konkrete geistige Erfahrungen, jede verknüpft auf ihre Weise mit dem großen Gedanken der Wiederkehr, der Wiederkunft in unendlichen, weit gedehnten Zeitenkreisen, gelenkt von der Hierarchie der Engel. (Wer wird so borniert sein, deren Dasein abzustreiten, nur weil er Ihrer noch nicht ansichtig geworden ist) So gesehen – und da vertraue ich meiner anschauenden Urteilskraft –, ist der geformte Stein, ist seine dem harten Zugriff entwachsene Figur Ergebnis einer geistigen Erfahrung.
Die Skulptur ist der ihr streng angemessene Leib oder doch wenigstens eine der möglichen Verkörperungen. Weil aber nichts daran symbolisch ist, ja, noch nicht einmal symbolisierend gemeint und gestaltet ist, müssen wir lange und sehr genau hinsehen. Die Metamorphose des irgendwo bewusst aufgelesenen Steins verschließt sich schnellem Verstehen; da ist nichts von schönem Schein, nichts verführt dazu, die Betrachtung sogleich mit einer Interpretation zu stören. Petra Langes Steine – sie nehmen diese Vereinfachung durchaus als Eloge –, Petra Langes Steine sind was sie sind. Sie sind Ihre – und das heißt: ganz persönlichen – Boten aus einer Welt, die – wiewohl oft geleugnet – noch immer auch die unsrige ist. Petra Langes Stein – Werke sind Inkorporationen von Orten, die – beschwerlich zu begehen – auch uns immer offen stehen. Boten aus der Welt der Engel.
Liest sich das allzu ernst? Zu abgehoben, zu pathetisch? Nicht doch. Wir wissen ja, dass auch Engel zuzeiten heillosen Unsinn machen. Und haben wir nicht eine wahre Lust an ungenauen Genauigkeiten? Ging nicht, wie doch gesagt wird, der Mond heute Nacht durch unser Zimmer? Und hatte Ladon, der die goldenen Äpfel der Hesperiden bewachen sollte, wirklich, wie doch behauptet wird, exakt hundert Augen? Viele wache Augen sind auch uns, die wir heute die Werke unserer Bildhauer so unvoreingenommen wie kritisch zu betrachten suchen, aufs Lebhafteste zu wünschen. Allein für Petra Langes Steine braucht man mindestens drei.
Dr. Ulrich Conrads
Architektur- und Kunstkritiker
28.11.2002